Altmodisch genug finde ich: Prosa soll erzählen, Geschichten erzählen. Ich möchte dabei zuhören können. Aber eben auch einmal weghören, meinen eigenen Geschichten nachhängen, mich an meine eigenen Geschichten erinnern und dann wieder eingeholt werden, von der Geschichte, die da erzählt wird. Gerade eine solche Geschichte ist "der tod und ophelia", eine Geschichte die Platz lässt für die eigenen Erinnerungen und die eigene Angst vor dem Sterben. Wie man diese Ophelia zu lieben beginnt in ihrer weit entfernten Welt, und dann ist sie tot, den Mund voll Mehl, und der Leser denkt an Gilgamesch und den Bannkreis des Mehls um die Ezaqiqu. Was für eine barmherzige, pralle, widersprüchliche Geschichte.
Auch der Ton in dem sie erzählt, buchstäblich gesprochen wird, das ist alles so sehr bildlich dass ich eigentlich schon fast jedes weitere Bild, das benutzt wird als überflüssig empfinde. Dieses "ganz langsam knotet ophelia sich ein damals und ein alsichnochsojungwarwieihr um den hals, bis jedes wort ein strick ist" - Verzeihung, ist das wirklich nötig? Die widersprüchliche, auflehnende Verzweiflung der Ophelia, kommt sie nicht schon lange deutlich genug heraus und wird dann im Verlauf der Geschichte noch deutlicher, auch ohne diese Strick-Metapher? Oder das Lachen, das auf den Teppich fällt - ich denke, jede Metapher die nicht zugleich auch ganz und gar notwendig ist (die Metaphern über ophelias Haut, über die Autoschlüssel in der Kirche) - jede nicht ganz notwendige Metapher nimmt den notwendigen Metaphern etwas von ihrer Wucht. "Ein Vergleich muss präzise sein wie eine Schublehre und aromatisch wie Dill". Und notwendig wie ein Fallbeil. Noch weniger notwendig sind diese Art von indirekten Vergleichen ("…fühlt sich der moment an wie…"). Aber was für ein glücklicher Griff- der Name Ophelia, ein Versprechen, das eingelöst wird. Vielleicht lohnt es, auch über den letzten Satz nachzudenken. Und ob er notwendig ist.
Schwäbischer Kunstsommer 2012 4. bis 12. August 2012
Meisterkurs Prosa Betreut von Alban Nikolai Herbst
Auch der Ton in dem sie erzählt, buchstäblich gesprochen wird, das ist alles so sehr bildlich dass ich eigentlich schon fast jedes weitere Bild, das benutzt wird als überflüssig empfinde. Dieses "ganz langsam knotet ophelia sich ein damals und ein alsichnochsojungwarwieihr um den hals, bis jedes wort ein strick ist" - Verzeihung, ist das wirklich nötig? Die widersprüchliche, auflehnende Verzweiflung der Ophelia, kommt sie nicht schon lange deutlich genug heraus und wird dann im Verlauf der Geschichte noch deutlicher, auch ohne diese Strick-Metapher? Oder das Lachen, das auf den Teppich fällt - ich denke, jede Metapher die nicht zugleich auch ganz und gar notwendig ist (die Metaphern über ophelias Haut, über die Autoschlüssel in der Kirche) - jede nicht ganz notwendige Metapher nimmt den notwendigen Metaphern etwas von ihrer Wucht. "Ein Vergleich muss präzise sein wie eine Schublehre und aromatisch wie Dill". Und notwendig wie ein Fallbeil. Noch weniger notwendig sind diese Art von indirekten Vergleichen ("…fühlt sich der moment an wie…"). Aber was für ein glücklicher Griff- der Name Ophelia, ein Versprechen, das eingelöst wird. Vielleicht lohnt es, auch über den letzten Satz nachzudenken. Und ob er notwendig ist.