15
Aug
2012

An die Teilnehmer des Prosakurses.

Mi heutigem Datum habe ich das Contributor-Profil "Kursteilnehmer" vom Beitragsschreiben auf registriertes Kommentieren zurückgesetzt. Das bedeutet, daß Sie bitte, wenn Sie diese Site weiterhin zum Einstellen neuer Texte nutzen möchten, ein eigenes Profil anlegen, also sich mit eigenem Pseudonym oder Klarnamen registrieren. Bringen Sie mir danach bitte den Namen zur Kenntnis, ich schalte Sie dann als Contributoren frei. Wer bereits einen registrierten Namen hat, ist hiervon selbstverständlich nicht betroffen, sondern kann wie gewohnt hier weiteragieren.
Ich grüße Sie alle herzlich:

ANH

11
Aug
2012

10
Aug
2012

Literaturmeisterliche Behandlung.


[Eingestellt auf unnachsichtiges
Drängen der Teilnehmer.]

Zu: Meine Unbekannte. Von Thomas Kobbe.

„Das ist eindeutig ein Zehner. Perfekt. Mögen sie auch probieren?." Die Frau, die gerade den Inhalt des länglichen Zuckertütchens in die kleine, dickwandige Tasse geschüttet, umgerührt und den ersten Schluck probiert hatte, sah mich an. „Ich habe mir angewöhnt, zu bewerten, was der Barista so fabriziert. Crema, Stärke, Menge, Aroma“, sagte sie. Auf einer Skala von 1 bis 10. „Ich nehme hier jeden Morgen einen. Und immer schmeck er anders.“
Anscheinend gehörte sie wie ich zu der Gruppe der Büfettfrühstücks-Flüchtlinge, denen es zuwider war, ausgerechnet in Italien Filterkaffee zu trinken. Doch hier hatte ich sie noch nie gesehen.

[Der gesamte Text >>>> dort.

Von Martin Woelfle. Meisterklasse Judith Samen.


Ohne Titel.
[Bildrechte: Martin Woelfle.

„Siebzehn“, hat er gesagt. Von Cee Zenett.

Siebzehn. Treffer!
Dass ich so bin, wie ich bin, wegen: „17“.
Die Kinder. Die Liebe. Die Macht.
So genau hätt’s echt nicht sein müssen!
Darum bin ich nicht hier, nicht hergekommen, zum Schreiben.
Darum bin ich am Schreiben. Volltreffer.

Siebzehn. Der Anfang von allem.
Mit allem in Aussicht, was Geschichte wird.
Das Leben. Das Vertrauen. Das Tagebuch.
So’n Medium hat’s schon gebraucht!
Weil ohne vom Erleiden zu schreiben kein Fortkommen war.
Weil mit dem Schreiben vom Erleiden ins Wortkommen war.

Siebzehn. Wenn alles offen, alles Erwarten ist: Warten.
Auf morgen, auf Werden, auf: alles ist gut.
Der Zustand. Der Weg. Der Mann.
So ’ne Begegnung kann’s in sich haben: bewirkt alles, was kommt!
Denn wir treffen uns, mitten ins Herz trifft es uns: einander zu erkennen.
Denn wir treffen uns, schwer trifft es uns: Aug’ in Auge unkenntlich zu sein.


Mein Sein in der Zeit:
Wie bin ich geworden? Wie ist sie geworden.
Ihre Lebenszeit:
Sie ist angekommen? Ich bin angekommen.



Denn weil es so war, als sie siebzehn war – darum das:

Dass sie wissen will.
Dass sie warten kann.
Dass sie weiter denkt.
Dass sie träumt, sie tanzt – tanzte sie damals so leichtfüßig ihm ins Revier, flog sie himmelwärts auf, auf – bis ihr auffiel, beim Schaukeln, dass die Lust beim Schaukeln sich verflüchtigt, wenn sie sich ihrer bewusst und das Ende vom Auf im Ab sichtbar wird. Und sie beim Lust-Schaukeln hinunterfiel, ihm in die
Arme gefallen und nicht in den Arm fallen konnte, als es sie traf mit dem Macht-Erleiden in Liebe, die außer Fassen, Einander-Fassen das Fangen, Einander-Auffangen braucht.
Denn weil es so war, als sie siebzehn und nochmal siebzehn war – darum das:

Dass sie sich sich anvertraut.
Dass sie sich sicher spricht.
Dass sie sich kühl umkreist.
Dass sie sich wild gewinnt – gewann sie damals ihn absichtslos, blondes Haar, gab Mehreres, das ver-
lockte, verband, verbrauchte geschwind sich im Alltag, als sie selbst kaum kein Kind mehr gleich Mutter von Kindern, gleich mütterlich von ihm aufgefasst, der sein Ja-allumfassend-Wort ihr gegeben, bot Verantwortung
nicht, nicht Antworten auf ihre Fragen, verbot das Sagen, so dass ihr sich zu erhalten nur mehr schriftlich gelang – das Unfassbare in Worte zu fassen: dass, was so begann, so enden kann.
Denn weil es so war, als sie siebzehn und nochmal siebzehn und nochmal nochmal siebzehn war – darum das:

Dass sie sich im Tagebuch vor niemandem versteckt.
Dass sie sich beim Schaukeln nicht festhalten muss.
Dass sie sich, sich im Augenblick aufgebend, mag.
Dass sie sich beim Schreiben auf das Morgen freut – hatte sie damals sich auf ihn gefreut ohne Eigensinn, war er von ihr gut aus-, sie, wie sie werden wollte, grade angedacht, war Leben bewegtes Lesebuch erst. Von zu lesenden Worten zu eigenen Wegen, vom Sich-ein-Herz-fassen-Wagen zum Sich-selbst-Begegnen, und das mit dem Lust-Verlust als einen Zustand verstehen, der von Angesicht zu Angesicht wegzubewirken ist. Was daraus geworden ist? – eine Lebenslust, die daher kommt, dass sie von sich und von Siebzehn schreiben kann.

Chorprobe. Meisterklasse Tanja Warwa.


"Ich habe Angst, euch zu sagen, daß ihr den a-Laut zu kurz nehmt. Tu ich's, nehmt ihr ihn zu lang." Und lacht.

Zu: Siebzehn. Von lealeo.

SIEBZEHN.
Ihre quersumme hat etwas beglückendes.
Ganz gleich, ob sie steht oder liegt, diese acht.
Ein gebilde der anmut.
Arp’sche linien, liegend.
Ich muss sie berühren.
Fühlen. Umfassen.
Diese form, die nach händen heischt.

Unaufhörliches schwingen der acht.
[Der >>>> gesamte Text dort.]

Mittagswerkstatt: Christina von Bitter.


Mit einer lyrischen Hommage aus dem Meisterkurs Nora Gomringers.

Siebzehn. Von Juba

Da stand ich nun allein auf der Bühne, ein großer Scheinwerfer blendete mich. Unten, im Dunkeln, Gerd Brüdern mit der Jury.
„Was haben Sie vorbereitet? Ja, dann nehmen Sie mal Maria Stuart.“

Sei‘s, ich will mich auch noch diesem unterwerfen,
fahr hin, ohnmächt‘ger Stolz der edlen Seele,
ich will vergessen, wer ich bin und was ich litt....


Tante Liesl hatte nicht gewollt, dass ich Schauspielerin werde. Aber diesmal hatte ich mich durchgesetzt. Die Aufnahmeprüfung an der Otto- Falckenberg- Schule wollte ich unbedingt machen. Nur war sie mitgefahren, die Tante. „Man kann ein junges Mädchen nicht allein nach München fahren lassen.“ Ich musste das Kleid meiner Schwester anziehen. Viel lieber wäre mir meine Dreiviertelhose aus hellgrünem Cordsamt gewesen.
Ja, die Tante hat die Aufnahmeprüfung von diesem Jackenkleid sogar abhängig gemacht.

Ihr seid an Eurem Platz, Lady Maria,
und dankend preis ich meines Gottes Gnade,
der nicht gewollt, dass ich zu Euren Füssen
so liegen sollte, wie Ihr jetzt zu meinen...


Vorher war ich mit der Tante auf der Maximilianstrasse in der „Kulisse“ zum Frühstück gewesen, dort roch es nach Kaffee, nach Croissants, nach Großstadt.
„So, jetzt gehen wir da hin!“ Die Tante nahm meine Hand. Ich schüttelte sie ab, diese Hand: „Ich kann allein gehen.“
Sie wollte auch noch ins Schulgebäude mit hinein. „Nein, bitte nicht. Das mach ich selber.“
„ Also dann bis heut Abend, aber vor Einbruch der Dunkelheit!“

Denkt an den Wechsel alles Menschlichen!
Es leben Götter, die den Hochmut rächen,
verehret, fürchtet sie, die Schrecklichen,
die mich zu Euren Füssen niederwerfen.

.
Ich ging zur Anmeldung. „In Ordnung, Sie sind eingetragen. Sie müssen eine Weile warten,
Sie werden aufgerufen.“ Ich wagte mich in den „Warteraum“. Da waren schon andre junge Leute, fast alle trugen Schwarz, enge Hosen, schmale Pullover, viele rauchten. Sie erzählten einander, an welchen Schulen sie sich schon beworben hatten und wo sie noch hin könnten. Ich wusste nichts zu sagen. Es hätte auch niemand erwartet, dass ich etwas sage, ich hörte zu. Sicher waren alle allein nach München gereist, wahrscheinlich waren auch alle mindestens 18.
Mir schräg gegenüber saß ein Junge, sein Pullover war handgestrickt. Einmal schaute er zu mir herüber. Ich glaube, ich habe gelächelt. Dann nahm er sein Reclamheftchen wieder zur Hand. Hamlet.
.Eine junge Frau schaute herein. „Hoffmann“, sagte sie laut. Er stand auf und ging mit ihr. Jetzt war ich allein. Allein mit den anderen , die es sicher besser machten als ich. Die Luft war stickig, meine Augen begannen zu tränen.

O Gott im Himmel! Steht nicht da,
schroff und unzugänglich wie die Felsenklippe,
die der Strandende vergeblich ringend zu umfassen strebt.
Mein Alles hängt, mein Leben, mein Geschick,
an meiner Worte, meiner Tränen Kraft .
Löst mir das Herz, dass ich das Eure rühre...


Die Frau kam wieder. Ich war an der Reihe. Sie spuckte mir ein Toi Toi Toi über die Schulter. Ich bedankte mich. „Das mach ich jetzt noch mal! Du darfst nicht danke sagen, sonst nützt das nichts.“
Sie schob mich auf die Probebühne.

Wenn Ihr mich anschaut mit dem Eisesblick
schließt sich das Herz mir schaudernd zu,
der Strom der Tränen stockt, und kaltes Grausen
fesselt die Flehensworte mir im Busen an...

.
„Danke, das genügt. Sie hören von uns.“

Vor der Schule stand er, an die Mauer gelehnt.
„Wie war’s?“ fragte er.
“Weiß nicht“, sagte ich leise.
„Ich bin Jens. Jens Hoffmann. Aus Wuppertal. Es wäre schön, die Schule würde uns b e i d e nehmen.“
Ich nickte.

Womit soll ich den Anfang machen?
Wie die Worte klüglich stellen,
dass Sie Euch das Herz ergreifen?
Oh Gott, gib meiner Rede Kraft...

.
.

Morgens neben der 125.


Warten.

9
Aug
2012

Werkstattabend Heckmann/Mortelliti.

Und die Truppe mit Cage und Vivaldi.

Wind. Von Katastrophe.

Über den Asphalt sausen Splitter und kleine Kiesel. Die schnellen Schatten der Wolken treiben durch die Gassen der Altstadt und über den Marktplatz. Da sitzen wir.

Die Sonnenschirme aus Segeltuch rütteln an der Verankerung.
Es rechnet in mir, sagt Karin. Das verstehe ich unter ’sechzig’. Es rechnet ganz automatisch.

Sie wirft ihr gesträhntes Haar zurück. Als wäre es noch so lang wie früher.
Hat das Sinn? fragt mein Gehirn. Das, sagt Karin, ist eine neue Erfahrung.

Eine Windbö fegt die Speisekarte vom Nachbartisch und sogar den kleinen Zuckerstreuer.
Karin dreht sich danach um, Stuhl und Körper bewegen sich gemeinsam.

Man hat nichts mehr zu verschenken, sagt sie, während sie sich mir wieder zuwendet.

Auf dem Kopfsteinpflaster des Marktplatzes liegt eine freundliche Leere. Nicht eine einzige Taube pickt da herum. Als wäre alles noch offen. Für allezeit.

Ich schwör dir, sagt sie. Mein Gehirn hat Aufwand und Zeit schon berechnet, noch bevor ich zum Handeln komme.

Kleine Aschepustel vom Nachbartisch legen sich auf die Erdbeeren in meinem Glas.

Kennst du das, fragt sie. Ein Gefühl, als ob du wach wirst an einem Morgen und es regnet. Aber es hört nicht mehr auf. Nie mehr. Ich rechne. Vor und zurück. Mein Wille und dieses Gefühl liegen im Clinch, sagt Karin. Ich komme zu nichts. Ich kann nichts dagegen machen. Dabei geht es mir gut. Objektiv. Das Geld fließt. Die Kollegen sind OK. Ich krieg viel zurück. Niemand will mir was.

Die Kragenschleife ihrer beigefarbenen Seidenbluse fliegt ihr gegen den Mund, als sie nach dem Cappuccino greift. Sie wischt sie weg.

Man hat es nicht mehr im Griff, sagt sie. Zeit, sagt sie. Und macht eine Pause.

Dann erzählt sie. Wie ihre Zeit vergeht, verfliegt, vertrödelt wird.
Wie die Zeit versickert und verödet im Alter.
Erzählt, wie sie sich verkriecht vor der Zeit, immer mehr. Je älter sie wird.
Wie sie in ihrer Wohnung bleibt, damit sie nicht gefunden wird. Nicht gefunden. Von dieser verdammten Zeit.

Sagt: Viel Zeit und immer mehr Zeit ist gleich weniger Zeit.Und mit dem bisschen Übriggebliebenen stehst du dann da. Als Frau. Und fragst immer dasselbe: Wie alt bin ich eigentlich? Du weißt, du bist nicht mehr Siebzehn. Aber du fühlst es nicht. Das ist, sagt Karin, der Grund, warum ich so gerne zurück geh ins letzte Jahrhundert. So ein Jahrhundert, das ist stabil. Das ist irgendwie handfest. Da ist schon der Deckel drauf. Das nimmt dir keiner. Aber du kannst es aufmachen. Wie eine Truhe. Wann immer du willst.
Das sind Schätze
, sagt Karin. Geradezu kosmisch.

Eine Frau setzt sich an den Nebentisch.

Guck dir das an, sagt Karin. Ab irgendwann kriegst du Dellen. Sogar an den Oberarmen. Da geht das nicht mehr, so ein Top ohne Ärmel.

Sie zerpflückt das Papier des Zuckertütchens und nimmt einen Schluck Cappuccino.
Gut, sagt sie.
Schweigeminute.
Zeit, bis sechzig zu zählen.

Ich möchte ein Stein sein im Wind, sagt Karin. Das hab ich gelesen.

Eine Tänzerin (Entwurf). - Ausdruckstanz ff: Probe im Saal. (Für E.)

Grazie, sagt ihr, doch / das reicht ans Wasser nicht
nicht der Haltung den Fuß / dem Ausdruck nicht
dies Präzise, das aus Präsenz

ihr in den Leib gehaucht (was,
Leute! trainiert heißt:
von Energien wütender Zehen

hinauf in den Körper wie
von unentwegten Erdböen,
Stößen

vom Willen getrieben: so zu sein).

Und darüber ein / eines, das lächelt, /
Atem
feinster Laszivität.
ANH, 9. Aug. 2012
Kloster Irsee

Zu: Meine Unbekannte . Von Thomas Kobbe.

„Das ist eindeutig ein Zehner. Perfekt. Sie sollten auch einen bestellen." Die Frau, die gerade den Inhalt des länglichen Zuckertütchens in die kleine, dickwandige Tasse geschüttet, umgerührt und den ersten Schluck probiert hatte, sah mich an. „Ich habe mir angewöhnt, zu bewerten, was der Barista so fabriziert. Crema, Stärke, Menge, Aroma. Auf einer Skala von 1 bis 10. Jeden Morgen trinke ich hier einen Espresso. Und immer schmeckt er anders“; sagte sie.
Anscheinend gehörte sie wie ich zu der Gruppe der Büfettfrühstücks-Flüchtlinge, denen es zuwider war, ausgerechnet in Italien Filterkaffee zu trinken. Doch hier in Torri del Benaco hatte ich sie noch nie gesehen.
[Der gesamte Text >>>> dort.]

Andacht am Morgen (Impuls).

Spitzfrech schaut der Chor von der Orgelempore
auf der Künste kleine Gemeinde herab.
7.43 Uhr.

8
Aug
2012

Adriana Mortelliti. Ausdruckstanz. (Üben im Gang). Meisterklasse Jochen Heckmann/Adriana Mortelliti.


Vor dem Festsaal.

Zu: Die Sitzung. Von esbes.

Ich habe, was Sie suchen!
Die Männerstimme war ihr unbekannt, klang aber äußerst enthusiastisch. Vermutlich ein Zahlendreher in der Handy­nummer irgend­einer Kleinanzeige. Sie stand an der Wohnungstür, das phone am Ohr. Warum war sie überhaupt rangegangen?
Wie groß ist es denn?, hörte sie sich sagen.

[Der ganze Text >>>> dort.]

Wie zu deklamieren sei. (Üben im Park). Meisterklasse Nora Gomringer.


Gedichte am Brunnen.

Zu: Reise in den Irr-Sinn ODER Um das zu tun, was alle tun. Von Cee Zenett.

Erklärung
Wäre ich weiblichen Geschlechts, so müsste ich – in Anlehnung an jenen um die Jahrhundertwende in Wien ansässigen und mit seinen die eigene gesellschaftliche Rollenfixierung außer acht lassenden Interpretationen geschlechtsspezifischen Verhaltens künftige Generationen in jenem Rollenverhalten festschreibenden Wissenschaftler – fürchten, in meinem folgenden Beitrag zur Literatur des ausgehenden 20. Jahrhunderts ein simples Sublimat regredierten Penisneids zu Diskussion zu stellen. Die Tatsache aber, dass ich als Sohn einer in glücklicher Ehe mit einem beruflich erfolgreichen Juristen lebenden gesunden Frau aus bestem Hause zur Welt gekommen bin, hindert – so hoffe ich – die sich um die Deutung meiner Prosa sicherlich redlich bemühende Rezensorenschaft, sich auf die Abwege psychologisierender Textanalyse zu begeben mit Entschlüsselungsversuchen etwa der Art, der Autor habe sich von Kastrationsimpulsen zu befreien versucht, was schließlich eine der Niederschrift gerecht werdende substantielle Vermittlungsleistung ausschlösse.

_____________
[Der gesamte Text >>>> dort.]

Katrin Kratzenberg: Der Raum und das Bild. Meisterklasse Thomas Bechinger.


Raum und Bild

Zu: Straßen. Von Ana Camun.

Diese Straße hat Charakter, bestechendes Charisma, wenn man sich bestechen läßt. Von ihrem metallischen Gestänge, steil aufgerichtet, alles überragend. In nachtschwarzer Hergottsfrühe beginnen sie, Linien in den Himmel zu ziehen. Begleitet vom durchdringenden Quietschen ihrer Laufkatzen und glitzernd zu Boden fallenden Regen- oder Tautropfen. Hin und her schwenken sie ihre verschiedensten Ladungen Stunde für Stunde, geben erbarmungslos Takt und Tempo an, um erst am Abend wieder zum Stillstand zu kommen. Baukrahne. Unverwüstlich, unaufhaltsam. Immer neuen Stahl und Beton aufrichtend solange noch ein Fleckchen Boden frei ist.
[Der ganze Text >>>> dort.]

Zu: Siebzehn. Von Katastrophe.

Einen Negerkuss? Danke. Nein. Bloß nicht. Ich will keinen Neger. Und keinen ekligen schwarzen Kuss.
Mich küsst ein Prinz. Mit wehenden Haaren auf einem stolzen Ross.
Nur küsst mich kein Prinz. Mich küsst Hans-Jürgen.
Nur küsst Hans-Jürgen mich nicht.

Der ganze Text>>>>> dort.

Zeichnen im Gang.


Kloster Irsee, erste Etage.


[Fotografie/Bildrechte:
Josef Thallinger.]

Wenn einer auf und davon will. Von JanaJana.

Wenn einer auf und davon will und es ist nicht gerade ein 17ter und sein fähnlein hängt nicht im auflebenden wind denn er hat sie längst mit dem rotstift abgestrichen am kalender die nutzlosen tage wenn er also sein rösslein gespannt hat vor die rollenden räder dann doch wie gesagt wenn es nicht zufällig ein 17ter ist tritt er vor dich hin und du erkennst ihn am kopf den er ganz gegen die mode unterm arm trägt und er verneigt sich elegant denn er will in guter erinnerung bleiben und gehen im besten einvernehmen wenn einer also anstelle seines kopfes einen irrwisch auf den schultern hält und wenn wie gesagt nicht gerade ein 17ter ist dann wirst du ihn erkennen auch an seiner stimme die noch im raume schwingt an seinen fernen bewegungen an seinem atem der ihm die flügel bläht während er der auf und davon will nicht mehr auf den tatsachen steht zumindest nicht mit beiden füßen dann kannst du ihm in seine taschen fassen und alle versprechen herausnehmen die er für den notfall gesammelt hat denn er trägt schon den mantel des vergessens und seine hermesfersen glühen dann ist es an der zeit alle uhrenkästen zu öffnen den bogen zu spannen die windsbräute zu rufen denn wenn einer auf und davon will und es zum glück auch kein 17ter ist sind sie längst gepackt die koffer mit den jahren den zerschlissenen träumen dem hahnenschrei den gestürzten monden den aufgestauten worten und abgeschickt in der fracht seines herzens ohne ticket zurück.

Ein Roman in Bildern (Anfang). Von Albin Zauner. Meisterklasse Illustration, Quint Buchholz.



Nrs. 1 - 5.

Die den Teilnehmer des Prosakurses nunmehr, das heißt bereits gestern gestellte Aufgabe lautet:



S I E B Z E H N.

[Wie, d.h. in welcher Erzählform und mit welchem Inhalt, dieses Thema gestaltet wird, ist nahezu freigestellt - von der
Einschränkung abgesehen, daß von einem eigenen Erleben
ausgegangen werden soll, bzw. eigener konkreter Erfahrung;
also die Zahl siebzehn soll auf irgend eine Weise mit der
eigenen Autobiografie in literarische Verbindung gebracht
werden; 'literarisch' meint: bewußt geformt.
Die ersten Ergebnisse wurden gestern abend bereits sowie
heute früh, mit mich teils erstaunenden Ergebnissen, vor-
getragen. Momentan wird an den Texten nach den ersten
Reaktionen weitergearbeitet. Ziel ist es, im öffentlichen
Vortrag während des Kunstsommerfestes, das am kommenden
Sonnabendabend stattfinden und bis in die Nacht währen wird,
durchgearbeitete Texte vorstellen zu können. Daran wird
nunmehr bis zum Freitag vormittag gearbeitet werden.
ANH, 11.04 Uhr.]

7
Aug
2012

Von Anna Kirsch. (Meisterklasse Fotografie, Judith Samen).

Bildrechte: Anna Kirsch.

6
Aug
2012

Mutter. Von Juba.

Sie sitzt am Klavier,
den Fuß am Pedal
die Finger gleiten über die Tasten.
Ihre Stimme nimmt leicht die höhen Töne.

Liebster nimm mich hin
Ich bin ja nur die Deine


Sie kann es auch ohne Klavier.
Sie kann es auch ohne Text:

Heija jeija jei

[Fotografie: © Barbara Gass.]

der tod und ophelia. Von mohnlese.

wer hält denn heut noch den damen die wagentür auf, kinderchen, meine kinderchen, wer tut das, sagt ophelia und vergisst das fragzeichen. sie legt sich die hände über die augen. ophelias haut ist an den händen alt, ist alt an den handgelenken, an den fingern, im gesicht – überall ist ophelias haut alt. aufschneiden könnte man ihre haut und sie ophelia abziehen, ophelia ausziehen und die haut falten und über einen wäscheständer hängen.
ophelias haut ist alt. ophelia nicht.

wer schreibt denn heut noch briefe, kinderchen,----

Der
gesamte Text >>>> dort.

Der Mann im grauen Bademantel. Von Jana Hesse.

Nun sass ich mit der Dame mit Hut an einem Tisch, aber davor war mir der Mann im grauen Bademantel begegnet.
Er gefiel mir auch ohne Mantel. In kaltem Wasser stapften wir nah aneinander vorbei.
Von meiner Liege aus sehe ich ihn am Eingang zum Nassraum die Frau mit den schwarzen Haaren in dem roten Bademantel auf den Mund küssen. Mit einer Mulde, gebildet aus Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger zieht er sich dazu für einen Augenblick ihren Kopf heran. Dann geht die Frau zurück zu dem Mann im blauen Bademantel mit den grauen Haaren, die zu einem Zopf gebunden sind, dem ich gefalle, dem ich sehr gefalle, aber er gefällt mir nicht.
Beim Umziehen treffe ich hinter dem luftigen Vorhang auf die schwarzhaarige Frau. Sie ist schön mit ihrem schwarzen Haar.
Hinter dem Vorhang sind wir beide rücksichtsvoll und höflich, und als ich gehe, sagt sie Tschüss! mit einer Stimme, als wolle sie mich wiedersehen und ich will es auch, ihre Lippen formt sie sie wie zu einem Kuss. Mit einem silbrigen Lockruf grüße ich zurück und trete durch den luftigen Vorhang, hinter dem der Mann im grauen Bademantel, der ihr Mann ist, auf sie wartet, und ihn trifft nun der lockende Ruf.
Als ich die Treppen hinuntergehe, sind die beiden verschwunden. Hinter dem Vorhang steige ich in schwarze Unterwäsche, wiege sanft meine Brüste. Als ich durch den Vorhang trete, weht er in einem lustigen Wirbel. Da trifft mich der kalte, metallene Blick des Mannes im blauen Bademantel.
Nun sitze ich mit der Dame mit Hut. Sie hat blaue Augen. An einem anderen Tisch ein Herr mit grünem Hut, dem am Scheitelpunkt goldene Strähnen entspringen. Mit seinen Fingern schlägt er den Rhythmus der Musik auf den Tisch, die so laut ist, dass ich die Dame mit Hut kaum verstehen kann.
Und ehe ich es vergesse: Der Mann im grauen Bademantel hatte keine Haare, und unter seinem Mantel war er nackt.

Verlaufen. Von Ana Camun.

Ich war noch nie an solch einem Ort. Es wurde Zeit
Sie hatten mir gesagt, es habe sie zerrissen. Granatsplitter hinein und wieder hinaus

Hier, an diesem Ort wurde abgeschlagen. Das Abgeschlagene wieder aufgefangen

Nicht so sie. Sie wurde eingesammelt

An diesem Ort bekamen alle eine Kiste, Hinausgeschafft, Platz für den Nächsten

Sie brauchte keine Kiste

An diesem Ort waren sie schwerer Verbrechen überführt
Mantelklau, Plünderung, Volksverhetzung. Wegen Zugehörigkeit zu …den Tod

Sie war ebenfalls ungehorsam. Suchte ihr spielendes Kind in einem Garten
bis er verwüstet war. Ihr Blut versickerte schnell

An diesem Ort verlief es noch schneller. Färbte die Oker ein langes Stück ihres Weges

Alles verläuft
Immer

5
Aug
2012

Auf die Zunge geschrieben (Auszug). Von Janajana.

Während ich auftrete mit festem tritt, umfängt mich erinnern. Stiehlt sich über die beine aufwärtshin, über bauch rücken bis zu den flügeln. Senkt sich auf meine stirn. Verändert den augenblick. Wie damals. VATER. Als ich wusste was liebe ist war es zu spät. Das erdreich krachte prasselte auf wehrloses holz. Nie werde ich verstehen. Spannungen. Zwischen den sekunden. Den jahren. Gleichen sich wie eineiige. Über generationen. Ich sitze in blühender wiese. Ich begreife nichts. Betrachte ratlos bogen und pfeil. VATER. Die Begegnung mit dir jahre danach war erschütternd. Du bist um die ganze welt. Sagtest du. Und alles alles sei anders. Und wenn er nun wiederkäme dieser frühling. Mitten ins erstarrte land. Flög ich zu dir zu dir. Doch weil ich kein windhauch bin windhauch bin. Zuckerzeug. Zergeht auf der zunge. Dass du noch einmal stirbst. Ich lass es nicht zu. Blaugefunkel hinter dicken brillengläsern. Augen so groß wie isarkiesel. Und du dessen hände mich nie. Möchtest mir helfen. Jetzt da ich nicht weiß wo du bist. Ich öffne die tür. Draußen das meer. Quer über die silberne fläche das gespannte seil. Schritt vor schritt. Hoffnung hält mich im gleichgewicht. Mit jedem atemzug fällt ein tropfen angst. Glüht auf eh er mit sich überschneidenden ringen im wasser versinkt. VATER. Dein mut macht mich stark. Kein kahlfraß unter später sonne seitdem du mir. Das buch auf meinem schoß. Diese leeren seiten. Du nahmst mich an die hand. Führtest mich unters dunkle dach grün. Im blaubeergestrüpp fand ich das erste wort. Unterm farn ein weiteres. Im moosstern im moosstern die andern. Jetzt schreib ich den text einer wölfin. Bernsteinfarben mein blick. Ich sehe im dunkeln. Mein gesträubtes fell. Wittere gefahr lange im voraus. Und fernab vom rudel gesundet mein herz. Jans offener blick. Al Qaida zu asche. Rauchspuren. Keine zeitung mehr.

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Morgens neben der 125.
Warten.
albannikolaiherbst - 10. Aug, 07:08
Siebentes Irseer Arbeitsjournal.
>>>> dort.
albannikolaiherbst - 10. Aug, 07:07
Sechstes Irseer Arbeitsjournal.
>>>>> dort.
albannikolaiherbst - 10. Aug, 07:05

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